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Mit dem Boxing Day 2025 steht die grösste jährliche Boxveranstaltung der Schweiz bevor. Die diesjährige Ausgabe markiert einen strategischen Wendepunkt: Der Event wird nicht mehr live im TV übertragen. Veranstalter Leander Strupler spricht im Interview über die Hintergründe dieser Entscheidung, über die mehrjährige Aufbauarbeit, über wirtschaftliche Realitäten und darüber, wie über Blick und SRF eine breite Sichtbarkeit generiert wird.

Leander, der Boxing Day 2025 wird nicht mehr live auf blue Sport übertragen. Warum dieser Entscheid?
Der Grund ist, dass sich aktuell keine finanziell nachhaltige Umsetzung finden liess. Der Entscheid schmerzt emotional, ist aber rational folgerichtig.
Kannst du den Box-Fans etwas mehr die Hintergründe liefern?
Seit 2022 durfte ich eng mit blue Sport zusammenarbeiten. Für diese inhaltlich wie menschlich tolle und lehrreiche Kooperation bin ich enorm dankbar. Ich war der erste Schweizer Promoter, der über mehrere Events hinweg mit einem TV-Sender kooperierte. Mir war von Anfang an bewusst, dass das eine Aufbauarbeit ist – sportlich, produktionstechnisch und auch auf Seiten des Senders. Diese Entwicklung ist aus meiner Sicht gelungen. Ich finde, dass wir bei unseren letzten zwei Events ein gereiftes Live-TV-Produkt lieferten. Was fehlt, ist die Aussicht auf eine nachhaltige Finanzierung.
Wie sah diese Zusammenarbeit mit blue Sport konkret aus?
Wir konnten über mehrere Jahre hinweg jährlich zwei bis drei Events live übertragen. Inhaltlich wie technisch haben wir uns dabei stetig optimiert. Ich habe eine eigene TV-Produktion mit einer Partnerfirma aufgebaut, das Set-up laufend verbessert, zum Beispiel mit einem TV-Kran für noch dynamischere Bilder. Mit Tobias Drews als Kommentator und Stefan Angehrn als Co-Kommentator hatten wir starke Namen am Mikrofon. Auch die Zuschauerzahlen sind kontinuierlich gewachsen. Bei der letzten Live-Übertragung am Karfreitag 2025 im Berner Stadttheater sahen rund 60 000 Menschen live am TV zu.
Diese Kooperation rechnet sich aber nicht?
Die Lernkurve und die Reichweite waren sehr positiv. Aber es blieb für mich ein Ausgabenpunkt, den ich meinerseits bezahlt habe, weil die Einnahmen aus den TV-Rechten immer unter den Produktionskosten lagen. Das hatte ich für eine gewisse Zeit bewusst in Kauf genommen – als Investition, um Boxen national sichtbarer zu machen, Reichweite aufzubauen und das Produkt zu entwickeln. Langfristig ist das aber kein Geschäftsmodell.
Wieso war jetzt der Moment erreicht, an dem du gesagt hast: So geht es nicht weiter?
Weil wir an einem Punkt angekommen sind, an dem wir ein sehr gutes Live-TV-Produkt liefern. Wir garantieren tolle Kämpfe, regionale WBO-Titelkämpfe, jetzt sogar eine Frauen-Weltmeisterschaft. Auch produktionstechnisch waren wir auf einem Niveau, das sich mit internationalen Übertragungen vergleichen liess. Da wir dies erreicht hatten, musste für mich jetzt zumindest die Perspektive bestehen, dass sich eine TV-Übertragung monetarisieren lässt. Diese Perspektive fehlte.
Liegt das an blue Sport oder grundsätzlich am Markt Schweiz?
Das ist ausdrücklich keine Kritik an blue Sport – im Gegenteil: Die Zusammenarbeit war jederzeit professionell und für mich sehr spannend und lehrreich. Blue Sport ist in erster Linie im Fussball stark positioniert. Damit Boxen dauerhaft im TV funktioniert, brauchen wir einen Sender, der die Sportart ganzjährig strategisch begleitet: mit Kämpfen, Hintergrundstorys, Dokumentationen und internationalen Events – vergleichbar mit der internationalen Entwicklung bei Anbietern wie Sky oder DAZN und seit Neuestem auch Netflix und Paramount.
Du hast auch andere Sender angesprochen?
Ja, diese Gespräche laufen weiterhin. Für die Zukunft schliesse ich nicht aus, dass sich neue Möglichkeiten für eine Live-Übertragung ergeben. Aber als Geschäftsinhaber von Swiss Pro Boxing trage ich die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit. Ich darf langfristig kein Modell fahren, das sich nicht rechnet.
Welche Rolle spielt der Ticketverkauf bei diesem Entscheid?
Profiboxen finanziert sich letztlich überall über zahlende Zuschauer – entweder über Tickets oder über Pay-TV. Da es in der Schweiz aktuell kein funktionierendes Pay-TV-Modell fürs Boxen gibt, ist der Ticketverkauf für uns essenziell, er ist unsere grösste Einnahmequelle. Eine Übertragung im Free-TV reduziert potenziell sogar diesen wichtigen Ticketverkauf, weshalb ich die Live-Übertragung kritisch hinterfragen musste.
Spürt ihr den Fokus auf den Ticketverkauf bereits konkret?
Ja. Über die letzten zehn Jahre hatten wir immer eine stetige Steigerung. Dieses Jahr ist die Dynamik aber nochmals stärker. Die Ticketverkäufe für den Boxing Day 2025 entwickeln sich im Vergleich zum Vorjahr nochmals deutlich positiver.
Gleichzeitig bleibt die Medienpartnerschaft mit Blick bestehen. Warum ist das für euch wichtig?
Weil ich die nationale Reichweite sicherstellen will. Wir wollen wachsen und auch Menschen ausserhalb unserer bestehenden Community erreichen. Mit Blick haben wir dafür den idealen Partner. Blick war bereits während der TV-Zeit von blue Sport mit an Bord und bleibt auch weiterhin unser Partner, künftig allerdings ohne Live-Übertragung. Stattdessen zeigt Blick die Highlights unserer Veranstaltungen national. Das funktioniert für beide Seiten: Blick erzielt gute Klickzahlen, wir zeigen die besten Szenen einem breiten Publikum, ohne den Ticketverkauf zu konkurrenzieren. Voraussichtlich werden die Highlights von Timars WM-Kampf zusätzlich im SRG-Format «Sportflash» gezeigt, was unsere nationale Präsenz maximieren würde.
Welche Bedeutung haben die Veränderungen für das Sponsoring?
Offen gesagt waren meine Erfahrungen ernüchternd, was die Begeisterung der Sponsoren für die Live-Übertragung betrifft. Für die Sponsoren sind die Werte des Sports, die Emotionen und die Community, welche vor Ort und über unsere Social-Media-Kanäle erreicht wird, wichtig. Die durch die Highlights erreichte Reichweite ist ein schöner Zusatz für die Sponsoren, und übrigens auch für die Boxerinnen und Boxer, aber es war bisher nie der Grund, weshalb sich jemand bei uns engagiert.
Was bedeutet dieser Entscheid für die Zukunft von Swiss Pro Boxing?
Ich will auf ein nachhaltiges System setzen. Mein Ziel ist es, den Boxen langfristig zu dienen, was wirtschaftlich stabile Events voraussetzt. Innerhalb dieses Rahmens will eine so hohe Rechweiter wie möglich generieren. Wir beabsichtigen also, unser Wachstum fortzusetzen, jedoch reflektiert. Der Boxing Day 2025 ist dafür ein wichtiger nächster Schritt.