Peña: Pendler zwischen den Welten

Die Schweiz, die Dominikanische Republik und die USA: Leben und trainieren, das ging für Angelo Peña immer zusammen und über alle Kontinente hinweg. Worauf der ungeschlagene Profi jedoch noch immer wartet, ist die Chance auf einen WM-Titel.

Text: Moritz Marthaler

6. November 2025
Swiss Pro Boxing Angelo Pena Web 2

Angelo Peña ist ein Pendler. Im Ring, schon immer, weil er ein technisch feiner, klug balancierender, variantenreicher Boxer ist. Und im Leben, gerade, weil es für ihn hin und her geht, zwischen Olten und Las Vegas, der Schweiz und Amerika, der kleinen und der grossen Box-Welt. «Amerika ist jetzt mein Weg», sagt der 31-jährige Boxer, geboren in Spanien, aufgewachsen in der Dominikanischen Republik, gross geworden in Ostermundigen bei Bern, wohnhaft in Olten. Und jetzt, eben auch im grossen Las Vegas zu Hause.
 
Vielleicht ist es tatsächlich so, dass Peña unter dem kubanischen Trainer Ismael Salas ausgerechnet in den gerade so auseinanderdividiert erscheinenden USA den für ihn so wichtigen Kompromiss gefunden hat. Einen zwischen Disziplin und Lockerheit, zwischen Konkurrenzkampf und Abgeschiedenheit. Ist Peña in der Schweiz, so pendelt er zwischen dem Wohnort seiner Mutter in Ostermundigen und der Wohnung mit seiner Verlobten in Olten, er besucht seinen Stiefvater, die Geschwister, Freunde hier, Freunde dort, kurz: Er ist auch mit Boxen beschäftigt.
 
Im Gym in Las Vegas zählt nur das Boxen. Peña trainiert mit Boxprofis, viele davon aus Mittelamerika, mit Namen, die er kennt, seit ihm sein Onkel als Knirps auf den Strassen der Heimatinsel in spielerischen Trainings das Boxen beibrachte. Um Technik und Tempo sei es dort vor allem gegangen, erzählt er. Auch Kompromisslosigkeit eines Kampfs lernte er schon früh.
 
Die Strassenschule auf der Karibikinsel war die beste Schule für Angelo Peña, das meldet ihm auch sein Trainer zurück. Im Gym in Las Vegas werde mehr Spanisch als Englisch gesprochen, erzählt Peña: «Es ist ein entspannter Latino-Vibe», in dem es dann eben Ismael Salas sei, der mit seiner traditionellen kubanischen Box-Lehre für Disziplin sorge.
 
Gut 20 Jahre sind es her, seit Angelo Peña als Kind in Ostermundigen angekommen ist, im Winter. Bald darauf hat er seinen ersten Schnee gesehen. «20 Grad waren wohl das Kälteste, das ich bis dahin kannte», erinnert sich Peña. Und ebenso weiss er noch, wie er seine Leidenschaft fürs Boxen mit in die Schweiz nahm. Zuerst trat er als Kickboxer an, danach folgten Amateurkämpfe im Boxen. «Verloren habe ich in den jungen Jahren nie», sagt Peña selbstbewusst.
 
Die Amateurkämpfe im olympischen Boxen sind auch der Ort, an dem sein heutiger Manager Leander Strupler auf ihn aufmerksam wird. Der Berner schaut sich lokale Events sowie die Schweizermeisterschaften immer mal wieder gerne an, und er erinnert sich, wie Peña dort mit seinem Stil sofort auffiel. «Er war geschmeidiger, schneller als die meisten.» Der Berner Alain Chervet, der Peña während Jahren trainiert hat, bemerkte schon früh: «Es ist beeindruckend, was für einen Punch er trotz seines tiefen Gewichts hinbekommt.»
 
Geschwindigkeit und Explosivität sind heute noch Merkmale von Angelo Peña. Aber anders als früher weiss er, sie gezielter einzusetzen. So gezielt, dass er in seiner Gewichtsklasse, im Superfedergewicht, inzwischen in der Top Ten der WBO gelistet ist. Was bedeutet, dass Peña eigentlich für einen Kampf um den WM-Kampf infrage käme. «Wir warten, bis Bewegung ins Ranking kommt», erklärt Manager Strupler. Das Angebot müsse vonseiten des Titelhalters kommen und wäre ganz sicher ein Fight im Ausland – USA oder Saudi-Arabien, TV-Rechte, die grosse Kiste.
 
Jeder der vier Weltverbände – WBO, WBC, IBF und WBA – führt seine eigene Rangliste. Entsprechend komplex gestaltet sich die Angelegenheit. «Ranglisten bieten Raum für Interpretation», sagt auch Strupler, weil die Daten, also die Anzahl Kämpfe, fehlten, um zu eruieren, wer jetzt in einer Gewichtsklasse wirklich der Beste der Welt sei. Was zählt, ist, wie und gegen wen geboxt wird, aber auch die Story und das Potenzial sind wichtig – entsprechend sind WM-Kämpfe, wenn sie denn mal zustande kommen, mit Prestige aufgeladen.
 
Einen «Sprungbrett» zu einem WM-Kampf sieht Strupler für seinen Schützling Peña, wenn er seinen WBO‑Intercontinental‑Titel weiter verteidigt und dies gegen gute Gegner. Irgendwann dürfte man dann mit einem Kampf gegen den amtierenden Weltmeister rechnen. In der WBO wäre das aktuell der Mexikaner Emanuel Navarrete. An der diesjährigen WBO-Convention in Bogotá nutzte Peña die Gelegenheit, seinem Wunschgegner persönlich gegenüberzutreten. Unbeeindruckt sprach er ihn an, um seine Ambition zu unterstreichen. Struplers Gespräche mit Navarettes Team fruchteten aber noch nicht. Die Antwort aus dem Lager des US-Promoters Top Rank fiel diplomatisch aus: «Jeder will aktuell gegen ihn boxen».
 
Bis zum WM-Kampf kann es also noch dauern. Und bis dahin verteidigt Peña seinen WBO-Intercontinental-Titel. Die dritte Titelverteidigung steigt am 26. Dezember in der Berner Kursaal Arena, auch das ein bekanntes Terrain für den Schweiz-Dominikaner Peña. Hier hat er die letzten vier Jahre gekämpft – und wie in jedem seiner bislang 12 Profikämpfe gewonnen. «Mein grosses Ziel bleibt ein WM-Titelkampf», sagt er geduldig.

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