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«Ich fühle den Druck, aber damit muss ich umgehen können»

Erst spät entschied sich Christopher Mouafo für den Boxsport. Nach einer kurzen Amateurkarriere mit zwei Schweizermeistertiteln startete er im Jahr 2022 seine Karriere als Profiboxer. Nach zwei Jahren, einem Profirekord mit 10 Kämpfen und 9 Siegen steht das Muskelpaket nun vor seiner bisher grössten sportlichen Herausforderung. Mit dem WBO-Titelkampf vom 14. September 2024 in der Mobiliar Arena in Bern geht für den Bieler ein grosser Wunsch in Erfüllung. Seine Träume hat er aber lange noch nicht alle erreicht.


Fotos: Thilo Larsson Christopher, am 14. September 2024 wirst du zu deinem bisher grössten Boxkampf antreten. Was kannst du uns dazu verraten?

Mit dem WBO Global Titelkampf geht für mich ein Wunsch in Erfüllung. Es wird der grösste Kampf meiner Karriere, darauf habe ich lange gewartet, auf genau das habe ich hingearbeitet. Und ich freue mich, dass dieses Highlight zu Hause vor meinem Publikum stattfindet. Es wird grossartig!


Bei deinem letzten Titelkampf, im Kampf gegen Bryan Fanga um die Schweizermeisterschaft, musstest du für viele überraschend deine erste und bisher einzige Niederlage einstecken. Was war da los?

Was los war, spielt keine Rolle. Ich habe verloren und suche keine Ausreden. Boxen ist hart, so wie auch das Leben. Bryan hatte einen glücklichen Tag bei unserem ersten Aufeinandertreffen, er hatte verdient gewonnen und dazu gratuliere ich ihm. Jetzt steht das Datum für den Rematch und der Ausgang wird diesmal anders sein. Ich werde die Dinge am 26. Dezember 2024 im Ring richtigstellen.


Wie bist du mit der Niederlage umgegangen? Hast du Änderungen in deinem Training oder deinem Team vorgenommen?

Nein, mein Team bleibt mein Team. Ich habe viel Vertrauen in mein engstes Umfeld und suche die Fehler bei mir und nicht bei meinem Team. Die Niederlage war nicht ihre Schuld. Was sich geändert hat, ist, dass ich die Sache jetzt viel ernster nehme. Ich bereite mich konzentrierter und auch spezifisch auf einen Rechtsausleger vor.


Wie gehst du grundsätzlich mit Misserfolgen und Rückschlägen um?

Man lernt immer etwas dazu. Bei Rückschlägen reflektiere ich intensiv, frage mich, was ich falsch gemacht habe und wo ich zu wenig investierte. Dann optimiere ich mich. Ich finde aber auch, dass man die Dinge relativieren soll, denn man kann nicht immer nur gewinnen. Zum Erreichen seiner grossen Ziele muss man bereit sein, Hindernisse zu überwinden.


Am Boxing Day in diesem Jahr, am 26. Dezember 2024, soll es nun endlich zum langersehnten Rematch mit Bryan Fanga kommen. Wieso hat das so lange gedauert?

Ich und mein Team, insbesondere mein Manager, drängen seit der Niederlage auf den Rematch. Dieser steht uns aus dem Vertrag des ersten Kampfes auch zu. Ich wäre für den Rückkampf auch nach Genf gegangen. Von Seiten des Gegners kam aber immer etwas dazwischen. Sicher ist, dass es nicht an mir gelegen hat.


Wollte sich dein Gegner vom Rematch drücken?

Ja, es macht den Anschein. Ich verstehe Bryan, denn er weiss, dass er damals einen guten Tag erwischte, was ihm kaum zweimal gelingen wird.


Was stimmt dich so siegessicher?

Naja, es steht auch für mich viel auf dem Spiel. Doch die Niederlage brachte mich dazu, noch härter zu arbeiten. Mir wurden meine Fehler aufgezeigt und ich konnte dazulernen. Schlussendlich liegt aber alles in Gottes Händen.


Du sprichst oft von Gott und auf deiner Kleidung finden sich Nummer von Bibelversen aufgestickt. Wie wichtig ist dir der Glaube in deinem Leben und wie beeinflusst er dich als Sportler?

Besonders im Kampfsport ist Selbstbewusstsein und Glaube enorm wichtig. Ich bin in einer religiösen Familie aufgewachsen und bin überzeugt, dass Gott einen Plan für mich hat. Entsprechend nehme ich die positiven wie auch die negativen Momente an, die er für mich vorsieht.


Schauen wir nun erstmal auf deinen kommenden Kampf. Freust du dich, nach zehn Profikämpfen erstmals um einen internationalen Titel zu boxen?

Oh ja, es ist eine riesige Freude. Ich danke meinem Manager Leander Strupler, dass er mir diesen Traum erfüllt. Ich werde alles geben, um ihm, meinem Team und den Fans einen Sieg zu schenken. Ich bin bereit!


Mit einem Sieg könntest du dich zum wohl erfolgreichsten Profiboxer deiner Heimatstadt Biel krönen. Was bedeutet dir das?

Ganz ehrlich gesagt: nichts! Ich bin jetzt schon der wichtigste Boxer der Stadt Biel. Biel ist mein zu Hause, aber ich habe höhere Ziele als nur der Beste einer Stadt zu sein.


Das Event in der Mobiliar Arena gilt als der grösste Schweizer Box-Anlass der letzten Jahre. Wie ist es für dich, vor einem so grossen Publikum anzutreten?

So grosse Events kenne ich bisher nur aus dem TV, aus Las Vegas oder London. Jetzt darf ich selbst in so einer grossen Halle boxen. Ich fühle den Druck, aber damit muss ich umgehen können. Gleichzeitig spüre ich für den grossen Kampf auch viel Unterstützung meiner Leute.


Wie bereitest du dich mental auf so einen wichtigen Kampf vor?

Mit viel Training. Eine gute Vorbereitung gibt mir Sicherheit und nimmt mir Druck ab. Das Vertrauen in Gott hilft mir zudem mental.


Wie kamst du eigentlich zu deinem deinen Spitznamen «The Ruthless», was übersetzt der Unbarmherzige bedeutet?

Mit dem Alias habe ich in mir eine zweite Persönlichkeit aufgebaut. Eine knallharte Person, die kein Herz hat. Genau das Gegenteil von dem, was ich eigentlich bin. Um im Boxring zu bestehen, muss man in eine Rolle schlüpfen und wenn ich meine Boxschuhe anziehe und in den Ring trete, dann bin ich nicht mehr Chris Mouafo, da bin ich «The Ruthless».


Zuvor hast du auch schon die Rolle des Fussballers gespielt. Erst spät, mit 22 Jahren, hast du mit dem Boxen begonnen. Was hat dich zum Wechsel der Sportart bewegt?

Ich wollte einen Einzelsport betreiben, in dem ich nicht auf Mitspieler angewiesen bin, wo niemand dem anderen die Schuld zuschieben kann. Im Boxen bist du selbst für deinen Erfolg verantwortlich, das gefällt mir.


Kannst du dich an deinen ersten Amateurboxkampf erinnern?

Das scheint mir lange her. In der kleinen Turnhalle Matte in Bern hat alles begonnen. Ich absolvierte meinen ersten Kampf nach nur einem Jahr Boxtraining und ich war unglaublich nervös. Nach dem Sieg wusste ich aber, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Was mir von meinem Debüt auch noch in Erinnerung bleibt, ist, dass ich noch vor Ort einer Dopingkontrolle unterzogen wurde. Das ist bei so kleinen Veranstaltungen äusserst unüblich. Ich glaube meine Physis hatte nicht nur den Gegner, sondern auch die Verbandsoffiziellen beeindruckt.


Du bist berufstätig als Logistiker bei der Uhrenfirma Rolex, hast eine Lebenspartnerin und bist Vater einer 10 Monate alten Tochter. Wie bringst du alles nebeneinander vorbei?

Das ist ehrlich gesagt unglaublich schwer für mich. Gleichzeitig bildet diese Vielseitigkeit auch eine meiner Stärken. Ich bin meiner Freundin enorm dankbar, dass sie mir so viel abnimmt. Ich bin stolz darauf, was ich erreiche mit meinen eingeschränkten zeitlichen Möglichkeiten, frage mich aber auch, wie viel besser ich sein könnte mit mehr Zeit für den Sport. Ich denke, als Vollprofi würde ich zu den weltweit besten zehn Boxern meiner Gewichtsklasse zählen.


Welche Ziele willst du in deiner Profikarriere noch erreichen?

Mein grösster Traum ist vom Boxen leben und meine Familie davon ernähren zu können. Ich will Titel gewinnen und meine eigene Geschichte schreiben. Und ich will jungen Menschen als Vorbild zeigen, dass alles möglich ist – auch eine Boxkarriere in der Schweiz, auch wenn ausser dir selbst niemand daran glaubt.

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